DS SPIEZ

Das letzte seiner Art

Das «Spiezerli» war von Anfang an ein Sorgenkind. Heute ist es das letzte seiner Art. Florian Inäbnit hat seine Geschichte im Bordbuch Spiez aufgeschrieben.

Thunersee-Forellen, Rinderfilet, Ente und Spargeln assen die geladenen Gäste am 7. Juni 1901 an der Jungfernfahrt des «Spiezerli». Sie waren voll des Lobes für den neuen Schraubendampfer. Die innere Einrichtung genüge den hochgespannten Ansprüchen der fremden Besucher des Oberlandes. Selbst die elektrische Beleuchtung fehlt nicht.

Zu klein, zu langsam, unrentabel

Doch keine zehn Jahre später wurde 1909 laut darüber nachgedacht, das Schiff zu verschrotten. Es erfüllte die Erwartungen nicht. Mit Platz bis zu 120 Passagieren war es zu klein, mit 18 km/h zu langsam und mit fünf Mann Besatzung nicht rentabel. Der Schraubendampfer blieb erhalten, jedoch begann eine nicht enden wollende Serie von Umbauten.

Zahlreiche Umbauten

Bilder im Bordbuch Spiez zeigen, wie sich das Schiff in den 120 Jahren verändert hat. Es wurde um drei Meter verlängert, erhielt mehrmals neue Aufbauten und ein geschlossenes Steuerhaus. Ein Dieselmotor kam, der Dampfschiff-Kamin verschwand, die Farben änderten. Ende 2008 wurde das Schiff stillgelegt, weil eine dringend nötige Sanierung zu teuer gekommen wäre. Die anderen kleinen Thunersee-Schiffe wurden verschrottet (Kyburg), verkauft (Oberhofen und Gunten) oder zum Dienstschiff degradiert (Niesen).

«Es ist beeindruckend, was das Schiff erlebt hat.»

Florian Inäbnit

Revaporisierung

Wieder entging das «Spiezerli» seiner Verschrottung. Noch einmal wurde es umgebaut. Doch dieses Mal wurden Änderungen rückgängig gemacht. Da es keine historisch richtige Version des Schiffes gibt, verursachte das künftige Aussehen Kopfzerbrechen. Gebaut wurde nun eine «Spiezerli»-Ausgabe 2020 mit Elementen aus den früheren Jahren. Angetrieben wird es von einer neu entwickelten Dampfmaschine. Der Innenausbau richtet sich nach historischem Stil, ist jedoch so gehalten, dass sich auch heutige Passagiere auf dem Schiff wohlfühlen. So ist aus dem Sorgenkind ein einzigartiger Zeitzeuge seiner Epoche geworden, das älteste Schiff auf den Berner Oberländer Seen und das letzte seiner Art in der Schweiz.

Bordbuch Spiez bestellen

Erhältlich ist das Bordbuch Spiez beim Prellbock-Verlag.
Florian Inäbnit

Florian Inäbnit

Er hat die Geschichte des DS Spiez aufgeschrieben. Dafür stieg Florian Inäbnit ins Bundesarchiv und ins Staatsarchiv in Bern. Eine solche Recherche ist für ihn Routine: Inäbnit schreibt Bücher über historische Schiffe und Eisenbahnen. Er hat auch die Bordbücher der Dampfschiffe Blümlisalp und Lötschberg geschrieben. Zudem ist er Herausgeber des Schifffahrtsmagazins Poller.