DS BLÜMLISALP

Er gibt den Schiffen eine Geschichte

Jürg Meister schreibt Biografien von Schiffen. Kaum jemand kann ihm dabei das Wasser reichen.

Er sitzt in einer Bar in seiner Wahlheimat Basel, fernab von den Schweizer Seen mit ihren Schiffen. Ein Gemälde vom Schreckhorn an der Wand erinnert Jürg Meister an seine Jugend im Berner Oberland. Er ist in Thun gross geworden; und dort ist auch seine Begeisterung für die Schiffe gewachsen. Als Jugendlicher begann er, Informationen über sie zu sammeln. Bis heute baut er diese Biografien der Schiffe aus und publiziert sie als Bücher. Für das Berner Oberland erschien kürzlich die dritte Auflage der «Geschichte der Schifffahrt auf dem Thuner-und Brienzersee». 

Eine Wespe bringt Glück

Wie ein Bub auf so ein aussergewöhnliches Hobby kommt, erklärt Jürg Meister so: «Meine Eltern zogen aus der Ostschweiz nach Thun. Als Auswärtige hatten sie dort keine familiären Verpflichtungen. So gingen wir am Sonntag nicht wie damals üblich z’Visite zu Tante, Cousin oder Grossmutter, sondern unternahmen ab und zu einen Ausflug mit dem Schiff.» Zudem fuhren sie in den Ferien regelmässig an den Vierwaldstättersee. «Dort sah ich andere Schiffe, und vor allem, dass es Zahlen dazu gibt, dass sie zum Beispiel breit, lang und hoch sind.» Diese Daten waren nicht gesammelt erhältlich. Kurzerhand begann er, selbst Listen anzulegen. Eine Wespe trug ihren Teil bei. Denn Jürg Meister hätte gerne Postkarten von den Schiffen gesammelt, konnte sich jedoch keine erbetteln. Die Eltern waren der Meinung, dass sie «bloss herumliegen und verstauben». Da hat ihn auf einem Ausflug am Vierwaldstättersee eine Wespe gestochen. «Grosses Gebrüll. Doch die Postkarte vom Dampfschiff Wilhelm Tell liess mich den Wespenstich innert Sekunden vergessen. Das war meine erste erstürmte Postkarte.»

Ein Leben lang Feuer und Flamme

Wie sich das kleine Kind über das Bild gefreut haben muss, lässt sich erahnen. Denn noch heute wird der über 80-jährige Jürg Meister ganz aufgeregt, wenn er über historische Schiffsbilder spricht, die er in einem Archiv aufgestöbert oder im Internet aufgespürt hat. Er kann kaum mehr auf dem Stuhl sitzen bleiben, wenn er von einem frühen Farbbild des Dampfschiffs Italia auf dem Vierwaldstättersee mit offenem Steuerstand erzählt – ein Bild, das die Schifffahrt der 50er-Jahre dokumentiere wie kaum ein anderes.

Verkehrsökonom statt Kapitän

«Trotz aller Begeisterung für die Schifffahrt wollte ich nie Kapitän werden», erzählt Jürg Meister. Stattdessen hat er Wirtschaft studiert und sich auf Umwegen zum Verkehrsökonomen weitergebildet. In dieser Funktion hielt er zum Beispiel Vorlesungen oder beriet die Politik. Das Interesse an den Schiffen liess nie nach. Geblieben ist ihm auch die Postkarte des Dampfschiffs Wilhelm Tell, die er heute noch besitzt. 

 
Jürg Meisters erste erbettelte Dampfschiff-Postkarte.

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Erhältlich ist Jürg Meisters jüngstes Werk beim Weber-Verlag.

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