Wo im Sommer Kinder spielen, war in diesem Winter harte Arbeit angesagt. Um den Schiffsrumpf zu sanieren, musste die Spielkajüte der Lötschberg zerlegt werden. Dabei gab das Dampfschiff Einblicke preis, die seit dem Bau 1914 niemand mehr hatte.
Als die Schreiner die Vertäfelung in der Kajüte des Dampfschiffs Lötschberg anbrachten, war Franz Ferdinand noch am Leben. Kurz darauf jedoch wurde der Thronfolger Österreich-Ungarns erschossen. Das Attentat von Sarajevo löste den Ersten Weltkrieg aus. Es folgte ein zweiter Weltkrieg, der grosse Aufschwung, die Einführung des Frauenstimmrechts und der UNO-Beitritt der Schweiz. Jetzt erst, im vergangenen Winter, wurde die Vertäfelung der Kajüte entfernt, um den Schiffsrumpf dahinter zu sanieren; zum ersten Mal seit dem Bau des Schiffes 1914.
Erste Einblicke liessen nichts Gutes erahnen. “Wir können unter den Boden der Kajüte kriechen und von dort nach oben hinter die Wandverkleidung schauen”, sagt David Lorenzo, Leiter der Schreinerei und Schiffsführer. Vor ein paar Jahren wurde bei einer solchen Kontrolle Rost an der Schiffsschale entdeckt. Und tatsächlich zeigte sich nun, nachdem die Vertäfelung entfernt wurde, dass praktisch keine Farbe mehr an der Bordwand war. Stattdessen präsentiert sie sich in rostigem Braun. “Wir liessen sie mit hohem Druck sandstrahlen und konnten den Rost so entfernen”, sagt Lorenzo. Gut erhalten haben sich die rechteckigen Platten aus Lärchen- und Arvenholz, mit denen die Bordwand in der Kajüte abgedeckt war. Da das Holz im Laufe der Zeit immer wieder neu gestrichen wurde, mussten die vielen Farbschichten zuerst abgeschliffen werden. Spalten wurden ausgefugt. Dann wurde das Holz zweimal grundiert und neu gestrichen.
Ebenfalls neu gemacht wurde das Deck im Bug, welches gleichzeitig die Decke der Spielkajüte bildet. Zwei Personen haben nahezu den ganzen Winter lang daran gearbeitet. Die Holzplanken sind von unten angeschraubt. Die Schrauben wurden gelöst und aufbereitet, denn sie werden in dieser Art nicht mehr hergestellt. Dem Team war es wichtig, ein Stück Original zu erhalten und historisch korrekt zu sein. Das war aufwändig und vielleicht sieht die Schiffs-Crew als einzige den Unterschied. Doch David Lorenzo ist überzeugt, dass sich das lohnt. Denn: Alles, was man ändert, ist für immer verloren.
David Lorenzo
Auch im Maschinenraum gab es einen seltenen Einblick. “Wir haben uns entschlossen, den Kondensator auseinanderzunehmen”, sagt Jürg Lüthi, Leiter Mechanik und Maschinist. Im Kondensator wird der Dampf, nachdem er die Maschine angetrieben hat, abgekühlt und zu Wasser kondensiert. Das passiert mit Seewasser, das durch ein Paket aus 116 Röhrchen durch den Kondensator geleitet wird. Letztmals geöffnet wurde er im Jahr 1991. Von den heutigen Werftmitarbeitenden hat das noch niemand gemacht. Und so gab ein pensionierter Maschinist den Tipp, die Röhrchen mit einem alten Gewehrputzzeug zu putzen.
Die Zeitfenster für die Arbeiten am Dampfschiff sind jeweils kurz, da die Dampfschiffe im Sommer auf den Seen gebraucht werden. Deshalb werden die Dampfschiffe über den Winter immer nur sektionsweise saniert, statt sie nach einigen Jahren aus dem Betrieb zu nehmen. Übrigens: So wie die Dampfschiffe gebraucht werden, so werden auch die Handwerkerinnen und Handwerker gebraucht: Während der Sommermonate sind dieselben Personen für das Steuern und Betreiben der Schiffe zuständig.
info@dampferfreunde.ch
Telefon +41 79 107 91 86
Postfach
3600 Thun
Dank Ihrer Spende wird auch die nächste Generation Freude an den Berner Dampfschiffen haben. «Merci!»