Kapitän Martin Schöni ist einer der ersten, die das neue «Spiezerli» fahren dürfen. Er nimmt uns mit ins Steuerhaus des neuen Dampfschiffs.
Martin Schöni (MS): Ich kenne das «Spiezerli» von früher. Ich fuhr schon damit, als es noch als Motorschiff in Betrieb war. Deshalb bin ich auch jetzt wieder dabei. Optisch hat es sich sehr verändert und ist spezieller geworden. Es ist extrem, wie viele Leute ihre Handys zücken und die Dampffahne fotografieren.
Ich spüre sie und ich höre sie durch den Kamin.
Wir haben das Buch komplett überarbeitet. Es hat sehr viel mehr Inhalt, neue Erkenntnisse, mehr Bilder, insbesondere auch Farbbilder. Cool ist, dass viele alte Bilder gefunden wurden.
Es ist wegen der Dampfmaschine und dem Kessel schwerer geworden. Dadurch hat sich das Fahrverhalten geändert. Es ist ein bisschen träger und langsamer geworden. Zum Beispiel wurde der Bremsweg länger. Auf der anderen Seite liegt es wegen dem zusätzlichen Gewicht stabiler im Wasser. Früher hat es bei Wellen sofort geschaukelt und gestampft.
Es ist auch auf dem «Spiezerli» ein Maschinist an Bord. Er macht die Maschine selbständig bereit, dazu gehört etwa das Aufheizen des Kessels, das Vordrehen der Maschine oder das Auffüllen des Schmieröls. Während der Fahrt kann ich vom Steuerhaus die ganze Maschine überwachen, auch den Brenner, die Dampftemperatur oder den Dampfdruck. Im Normalfall ist der Maschinist dann nicht mehr im Maschinenraum. Auf der Blümlisalp ist das ja anders.
Die wichtigsten sind ein Schubhebel für die Geschwindigkeit, ein Joystick zum Steuern und ein Bildschirm mit allen Anzeigen. Zum Beispiel muss ich den Druck im Auge behalten, damit wir genug Dampf im Kessel haben, wenn wir im fliessenden Gewässer nach Thun fahren. Auch wird im Steuerhaus jede Störung angezeigt. Bei einem Wassereinbruch kann ich die Lenzpumpen einschalten oder bei einem Feuer die Löschanlage im Maschinen- und im Elektroraum auslösen. Dafür haben wir sogar Kameras, die die Räume überwachen. Im Brandfall darf niemand mehr dort sein, weil wir mit CO2 löschen. Allerdings kann ich nicht alles bedienen. Wenn zum Beispiel der Brenner abstellt, muss er von unten neu gestartet werden.
Hier kann ich die Dampfmaschine stufenlos verstellen. Ich gebe mit dem Schubregler vor, wie viele Umgänge die Maschine machen soll. Der Dampfschieber wird im Maschinenraum dann hydraulisch geöffnet und geschlossen.
Das ist auf den ersten Blick richtig. Zum Fahren allerdings nicht. Man muss mehr zum Voraus denken als beim Motorschiff, weil alles langsamer reagiert. Die Maschine muss auch umsteuern auf Rückwärts, das braucht Zeit, wie ja auf der Blümlisalp auch. Beim Motorschiff kuppeln wir aus, eine Scheibenbremse stoppt die Welle, wir kuppeln wieder rückwärts ein. Das dauert zwei, drei Sekunden.
Wir haben auf dem See ausprobiert, wie das Schiff reagiert: Wie enge Kurven kann es fahren? Wie schnell bremst es? Danach sind wir die ersten Stationen angefahren. Das «Spiezerli» hat keinen Aussenfahrstand. Aus dem Steuerhaus ist die Sicht auf die Ländte eingeschränkt. Deshalb muss man ein Gespür entwickeln und Bezugspunkte kennen, zum Beispiel die Ländtepfosten. Kommt noch dazu, dass das «Spiezerli» ein Einschraubenschiff ist. Da hat man die spezielle Gegebenheit, dass es beim Bremsen, wenn die Schraube rückwärts dreht, das Wasser auf einer Seite wegschaufelt. Dadurch dreht sich das Schiff. Beim «Spiezerli» bricht das Heck beim Bremsen nach Backbord (links) aus.
Indem man ein wenig Ruder gibt. Stationen auf der Backbordseite fahren wir in einem etwas steileren Winkel an. Beim Bremsen dreht sich das Heck dann gegen die Ländte. Auf der anderen Seite ist es genau das Gegenteil: Da muss man aufpassen, dass sich das Schiff nicht vom Land wegdreht.
Ich bin am liebsten auf der «Blüemlere», weil es interessanter und abwechslungsreicher ist, sie zu fahren.
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